Rückblick

Das war der 35. Jahreskongress des BVASK

„Eigentlich ist es ja bei uns immer spannend“, konstatierte Dr. Ralf Müller-Rath, 1. Vorsitzender des BVASK, zum 35. Jahreskongress des Verbandes.

Doch diesmal war es eben noch ein bisschen spannender. So kurz nach dem krachenden Scheitern der Ampel-Regierung und den vorgezogenen Neuwahlen bauen sich nicht wenige Hoffnungen der Ärzteschaft auf. Hoffnungen auf eine sinnvollere Vergütung der Ärzte und eine gerechtere, aufgeklärte, dem heutigen Stand der medizinischen Therapien entsprechenden Versorgung der Patienten.

Dass dem derzeit noch nicht so ist, zeigten die Vorträge und Diskussionsrunden zu Hybrid DRG, GoÄ – Novelle, zu Sachkosten, Belegarztbetten und privaten Zuzahlungen.

Die GoÄ – Novelle befindet sich auf der letzten Verhandlungsstrecke. Leider hat der PKV-Verband massive Abwertungen gegenüber der arzteigenen Version gefordert. Mittlerweile geht es nur noch darum, den Status Quo zu erhalten. Von Steigerungen keine Rede mehr. Ein trauriger Befund.

Die Hybrid-DRG-Fallpauschale, mit der alles mit abgegolten ist, bereitet den Ärzten Kopfzerbrechen. In der Fußchirurgie sieht Dr. Frank Schemmann, Chirurg, Unfallchirurg, Facharzt für Orthopädie am OC Boxberg, unter diesen Bedingungen die Standards für Patienten künftig auf Minimal-Niveausinken. Es gäbe bereits Kliniken, die ihren Ärzten untersagen, ambulante Fußeingriffe durchzuführen. Dies betrifft in besonderem Maße Kinder. Denn bei der „Arthrorise“ beispielsweise – einem Rückfuß-Eingriff beim kindlichen Knick-Senk-Fuß, fallen hohe Implantat-Kosten an. Auch zahlreiche Eingriffe für die Behandlung des Hallux valgus sind nicht mehr kostendeckend abgebildet. Doch niemand könne sich leisten, noch größere Defizite zu erwirtschaften. „Noch schlimmer an diesem System ist, dass es sich selbst reguliert. Ärzte in Kliniken und Praxen versuchen immer mehr Kosten zu sparen, melden diese Zahlen zurück und es beginnt eine unheilvolle Abwärtsspirale mit der Abwertung von Preisen“, warnt Schemmann.

Thomas Czihal, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts der Kassenärztlichen Versorgung (ZI), ergänzte: „Zur Ambulantisierung wurden falsche „Experten“ gefragt. Das ist ungefähr so, als ob man den Bäcker fragt, was in der Autowerkstatt passiert“.

Ähnlich auch andere von der Bundesregierung beauftragten Projekte, wie zum Beispiel die Elektronische Patientenakte (ePa). Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV, sprach es aus: „Das ist ein Produkt, was auf dem freien Markt keine Chance hätte. Das würde keiner kaufen.“ Ärzten und Patienten aber soll dieses Produkt zugemutet werden. Da müsse dringend nachgebessert werden.

Vielleicht ist aber modernster Standard bei arthroskopischen Operationen künftig nur gegen Zuzahlung möglich. Zu Fiktion oder Wirklichkeit dieser Idee referierte Dr. Sebastian Berg, Fachanwalt für Medizinrecht bei KWMLAW und Lehrbeauftragter der Hochschule Hannover. Die Idee von der freiwilligen Zuzahlung von Patienten zu medizinischen Leistungen sei nicht neu. Auch bei den sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) wird sie seit Jahrzehnten praktiziert.

Dr. Berg: „Allein die Tatsache, dass nicht genug Geld im System ist bzw. dass es falsch verteilt und ausgegeben werden könnte, sollte nicht dazu führen, dass Patienten nicht mehr nach neuesten Standards operiert werden können. Niemandem sollte vorenthalten werden, welche neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse und auch Produkte es in der Medizin gibt und wie sie den Verlauf der OP und die Heilung beeinflussen.“

So wäre für Nahtmaterial, Ankersysteme und Implantate in der Arthroskopie auch eine Zuzahlung denkbar, wie es sie beispielsweise in der Augenheilkunde gibt. Auch hier können Patienten zwischen einfachen Linsen (voll durch gesetzliche Kassen übernommen) und höherwertigen Linsen (mit privater Zuzahlung) wählen.

Der Arzt klärt seinen Patienten darüber auf, was es nach neuestem wissenschaftlichen Erkenntnisstand gibt.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen wollen bei dieser Idee (noch) nicht mitziehen. Der Grund: ein Gerichtsentscheid des Bundessozialgerichtes, welches feststellte, der Patient sei vor solcher OP in einer „Zwangssituation“ und könne nicht wirklich frei entscheiden.

Fachanwälte aber auch der Berufsverband für Arthroskopie sehen dies anders. Denn ohne eine Aufklärung und das Angebot einer Zuzahlung bleibt den Patienten Wissen um neueste machbare medizinische Möglichkeiten vorenthalten. Sie werden dadurch bevormundet in eine „ältere Art“ der OP einzuwilligen, obwohl es schon etwas Besseres auf dem Markt gäbe. Auch die KBV würde Zuzahlungen gutheißen.

Wie immer wechselten berufspolitische Themen wie ein Feuerwerk mit fachlich hochkarätiger Medizin ab. Der Gesellschaftsabend in vertrauter Runde sorgte für Networking und Freundschaften pflegen gleichermaßen. Ein gelungener Kongress, den sich viele schon wieder fürs nächste Jahr vormerken.

Achso: und wer sich direkt und aktiv mit in die Berufspolitik einbringen möchte, ist natürlich jederzeit willkommen !

Kathrin Reisinger
Freie Journalistin

Industrieaussteller