Corona-bedingt fand der BVASK-Jahreskongress in diesem Jahr zum ersten Mal digital statt. Rund 300 Teilnehmer zählte das Broadcast-Format in Zusammenarbeit mit Winglet. So ging das Moderatoren-Team – Mirco Herbort, Ralf Müller-Rath und Andreas Voss – dann am 17. Februar um 17 Uhr live auf Sendung. Während die Referenten ihre wertvollen und interessanten Vorträge hielten, konnten die Teilnehmer per Chat Fragen stellen, die direkt im Anschluss und in der Diskussion beantwortet wurden. Die Interaktivität kam bei allen sehr gut an.

Gleich zu Beginn ging es im Karrieremanagement Junges Forum um den Sprung in die Selbstständigkeit. Von der Uni in die Niederlassung – dieser Weg ist nicht immer ganz einfach, aber er lohnt sich – das zeigte anschaulich Andreas Voss (Regensburg). Zwischen 2013 und 2019 stieg die Zahl der Niederlassungen in der Orthopädie und Unfallchirurgie. Der Trend: Ambulante Operationen nehmen deutlich zu, stationäre Operationen nehmen ab.

Doch obwohl es immer mehr ambulante Operationen bei gleichbleibender bzw. sinkender Zahl in der Niederlassung tätiger Ärzte gibt, wird die Arthroskopische Ausbildung in der Weiterbildung kaum berücksichtigt.

In einer Umfrage des Hartmannbundes, welches Karriereziel Assistenzärzte für sich geplant haben, wollten noch ganze 4,5 Prozent niedergelassener Vertragsarzt in einer Einzelpraxis werden, 29,2 Prozent wollten niedergelassener Vertragsarzt in einer Gemeinschaftspraxis werden. Eine zufriedenstellende Work-Life-Balance würden 45 Prozent der jungen Ärzte bei 35 bis 40 Wochenstunden Arbeitszeit empfinden, weitere 32,2 Prozent sogar bei nur noch 30 bis 35 Stunden Arbeit pro Woche. Den meisten sind dabei Harmonie und Zufriedenheit wichtig, und dass sie sorgenfrei von der Arbeit leben können. Karriere steht dabei nicht im Vordergrund.

All das, die gute Work-Life-Balance, die Arzt-Patientenbindung, Arbeitsplatzgestaltung und keine Fremdbestimmung sind eher in der Niederlassung zu finden als in der Klinik. Damit möglichst viele junge Menschen den Weg dorthin schaffen, ist eine sektorenübergreifende Ausbildung in Klinik und Niederlassung wichtig, die arthroskopische Ausbildung muss in der Weiterbildungsordnung gestärkt werden, es braucht neue Konzepte (Simulatoren, VR) für die arthroskopische Ausbildung und finanzielle Anreize/Ausgleiche für die Niederlassung.

Dr. Thomas Auhuber (Berlin) sprach im Anschluss über die DRG Neuerungen 2021. Was ändert sich zum Vorjahr? Es gibt 17 Fallpauschalen weniger, jedoch nichts Substantielles. Das System ist gleichgeblieben. Eine Absenkung der Sachkosten um 6,64 Prozent ist zu verkraften. Wichtig hierbei: die Pflege ist dort bereits rausgerechnet. Bei der Hüftarthroskopie gibt es keine wesentlichen Veränderungen. Strittig ist jedoch: Was darf in die Pflegekosten reingerechnet werden, was nicht? Insgesamt wurden über 16 Mrd. Euro ausgegliedert – 1,4 Mrd. mehr als im Vorjahr. Der aktuelle Pflegeentgeltwert liegt bei 163 Euro.

Laut Auhuber zeigt sich ein Trend der Abwertung diverser DRG´s. In der Osteotomie, Wirbelsäulenchirurgie, Schulter- und Hüftchirurgie ist ein Auf und Ab zu beobachten. Vieles ist jetzt kodierbar, wie zum Beispiel beim allogenen Haut- und Knochenersatz, Transplantaten, allogenes Material, Spondylodesen usw.… .

„Meniskusresektion oder direkt das Bein durchsägen?“ – unter dieser Überschrift ließ Dr. Tobias Gensior (Neuss) aufhorchen.

Bei Patienten mit Meniskus- und Knorpelschäden sollte überprüft werden, ob eine O- oder X-Beinstellung besteht. In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, wenn zusätzlich zu den Standardtherapien eine Achs-Korrektur erfolgt. Patienten mit Meniskusschäden haben oft auch Knorpelschäden. Herauszufinden, ob die Beschwerden durch den Meniskus- oder den Knorpelschaden bzw. durch die Kombination ausgelöst werden, ist jedoch oft schwierig. Betroffen sind vor allem 30 bis 60Jährige. Wenn zusätzlich zu einem Meniskusschaden noch Knorpelschäden und eine X- oder O-Beinstellung besteht, sollte überlegt werden, ob man nicht nur eine Meniskus-Teilresektion, sondern auch eine Korrektur der Beinachse vornimmt. Eine Teilresektion des Meniskus bringt häufig zunächst eine Linderung der Schmerzen. Der Meniskusriss ist jedoch als erstes Zeichen eines beginnenden Gelenksverschleißes zu werten. Falls zusätzlich eine Abweichung der Beinachse, also ein O- oder X-Bein besteht, drohen mittelfristig erneute Knieprobleme und eine Arthrose.

„Save The Meniscus“ war auch das Thema von Sven Scheffler (Berlin), der ein umfangreiches und interessantes Update zur Meniskuschirurgie 2021 gab. Maurice Balke (Köln) widmete sich der langen Bizepssehne „Einfach durchtrennen oder kompliziert befestigen?“ und beantwortete viele Fragen rund um das Thema.

Helmut Weinhart (Starnberg) referierte zur Zukunft der Vergütung ambulanter Operationen. Ein Thema, welches wohl alle interessieren dürfte.

Derzeit ist leider nichts in Aussicht, wie es weitergeht. An der Nahtstelle zu den Kliniken gibt es eine Fülle von Gesetzen – jedoch nichts zum Vorteil der niedergelassenen Ärzte. Reformen sind bislang immer „mit der Brille des Krankenhauses“ erfolgt. Es gibt keinen Wettbewerb auf Augenhöhe, so Weinhart, wir sehen eine Krankenhaus-lastige Betrachtungsweise. Wozu dann die Bedarfsplanung? Sein Fazit: Wenn Leistungen von stationär nach ambulant verlagert werden sollen, muss vom Sektor mit dem größeren Leistungskatalog ausgegangen werden. Es braucht dringend eine Gleichberechtigung ambulanter Strukturen mit dem Krankenhaus und eine einheitliche rechtliche Grundlage im Leistungsrecht – bei der Vergütung und den Qualitätsvorgaben!

„Unsere Praxen im Corona-Modus“ – zu den Auswirkungen brachte Wolfgang Gruber (Bayreuth) so einiges ans Licht. Zeitweise war und ist die Orthopädie regelrecht im Corona-Ausnahmezustand. Bei Patienten, Ärzten und Praxisangestellten hinterlässt das Spuren, die mehr als nur Kollateralschäden sind.

Gleich zu Beginn der Pandemie waren die Patienten verunsichert, sagten Termine und Operationen ab. Jetzt sehen wir viele schwere Fälle. Patienten, die vor einem halben Jahr hätten operiert werden müssen, können teilweise nicht mehr, wie ursprünglich vorgesehen, behandelt werden, sagt Gruber. Die erhebliche Zurückhaltung für Operationen am Bewegungsapparat besteht derzeit immer noch. Rund 50 Prozent der Patienten wollen wichtige Therapien gern verschieben.

Auf der anderen Seite ist der Krankenstand unter den Niedergelassenen Orthopäden und ihren Angestellten um 40 Prozent gestiegen. Immer wieder befinden sich viele in Quarantäne. Sie, die an vorderster Corona-Front ohne schützende Eingangstests arbeiten, stecken sich zum Teil selbst an oder ihre Angehörigen erkranken. Die Folge: viele Praxen müssen wochenlang schließen oder eingeschränkt arbeiten, weil schlichtweg kein Arzt mehr da ist. Dazu kommt ein Notstand bei Hygieneartikeln. Waren es am Anfang Masken und Desinfektionsmittel sind es jetzt zum Beispiel sterile OP-Handschuhe, die an allen Ecken und Enden fehlen.

All diese Umstände führen in den Praxen zur kompletten Umstellung der Arbeitsabläufe. Die Wirtschaftlichkeit bricht stückweise weg. Viele Praxen haben Umsatzeinbrüche von 30 Prozent und mehr. Die Schutzschirme für die selbstständig arbeitenden niedergelassenen Orthopäden reichen nicht aus. Während Kliniken für freigehaltene Betten Geld bekommen, gehen niedergelassene Orthopäden, die mit ihren Operationen diese Betten sonst füllen, leer aus.

Wie von den BVASK-Kongressen gewohnt, war natürlich auch KBV-Chef Andreas Gassen dabei und brachte so einiges zur aktuellen Berufspolitik aus Sicht der KBV auf den Punkt. Es ging um den Schutzschirm für Niedergelassene, Hygienekosten und COVID-Impfungen. Auch er bestätigte, dass einige Klinken Gelder bekommen würden, die andere nur aus dem Fernsehen kennen. Ein Drittel der Krankenhäuser hat nie einen Corona-Patienten gesehen. Aber alle bekommen hohe Vergütungen für leere Betten. Währenddessen reicht der Schutzschirm für die Niederlassungen noch lange nicht aus. Bei den Hygiene-Kosten, die vor allem für die Aufbereitung von Medizinprodukten steigen, müsse jetzt nachgearbeitet werden. Die KBV hat dafür Zuschläge gefordert, eine Aufwertung der Grundpauschalen und spezifische Zahlungen, gegliedert nach operativen und nicht operativen Praxen. Der Bewertungsausschuss ist nun dran am Thema.

Bei den Impfungen wird es ab der 15. Woche bald mehr Impfdosen als Kapazitäten in den Impfzentren geben, ist sich Gassen sicher. Deshalb müsse man das Impfen nun in die Praxen kriegen. Außerdem müssten Ärzte und Personal endlich prioritär geimpft werden, denn anders als im Krankenhaus weiß man in der Niederlassung nicht, ob ein Patient infiziert ist.

Viele Diskussionen, begeisterte Teilnehmer, ein superschnell auf die Beine gestelltes online-Event als „Kongress-Ersatz“ – Trotz dieser sehr positiven Bilanz sehnen sich alle wieder nach persönlichen Begegnungen auf dem kommenden BVASK-Kongress!

Die Post-Live-Version kann sich jeder anschauen unter: https://www.winglet-community.com/content/bvask-digital-2021 .

-reis-